Skala der Ausbildung - der Takt
Wir haben euch bereits einen groben Überblick über die Skala der Ausbildung gegeben und wollen uns heute gemeinsam dem ersten Punkt “Takt” etwas genauer zuwenden.
Auch wenn wir zu diesem Zwecke die 6 Punkte einzeln betrachten, haltet euch bitte immer vor Augen, dass die Ausbildungsskala nicht schematisch, sondern systematisch zu nutzen ist. Keiner der Punkte kann wirklich getrennt von den Anderen betrachtet werden, sie entwickeln sich parallel und beeinflussen sich gegenseitig.
So wird es zum Beispiel schwer einen guten, dem Pferd entsprechenden Takt zu entwickeln, wenn Lossgelassenheit, eine gesunde Anlehnung zwischen Pferdemaul und Reiterhand, eine gewisse Geraderichtung und auch der Schwung nicht auch beginnend gefordert werden.
Die Richtlinien für Reiten und Fahren Band 1: Grundausbildung für Reiter und Pferd, S. 222 definiert den Takt als das Gleichmaß aller Schritte, Tritte und Galoppsprünge des Pferdes im gleichen zeitlichen und räumlichen Abstand.
Bedeutet, jedes Bein legt bei aufeinanderfolgenden Schritten, Tritten oder Sprüngen die jeweils gleiche Strecke in der gleichen Zeit zurück und wird dabei nicht zögernd oder übereilt aktiviert oder aufgesetzt.
Bedeutet auch, dass jedes Pferd einen individuellen Takt hat auf den es sich einzustellen gilt, welcher abhängignvon seinen körperlichen Voraussetzungen und von seinem Naturell ist, ein Rhythmus, in dem es sich am wohlsten fühlt und sich sicher ausbalancieren kann.
Der Schritt - die wohl schwerste, korrekt zu reitende Gangart!
Der Viertakt in acht Phasen, gleichseitig aber nicht gleichzeitig, wird zusehends mehr und mehr mit Verachtung gestraft. Dabei ist er die immer noch, und bleibt er auch, wichtigste Grundgangart, in der so viel aufgebaut und sichergestellt werden kann, aber eben auch genauso viel in die falsche Richtung gehen kann.
Hierbei reden wir von dem gerittenen Schritt, auch am langen und hingegebenen Zügel, nicht den Schritt, der zum checken des Telefons und für die Wochenendplanung genutzt wird. Diesen sollte es eigentlich gar nicht geben,
- dieses sollte auf der Stallgasse und nicht auf dem Rücken der Pferde erledigt werden-
Leider ist es aber der Schritt, der aktuell vorwiegend zu sehen ist, der Schritt der so viel sinnvolle Ausbildungszeit verschenkt.
Aber kommen wir nochmal zu dem Schritt, der uns hilft. Der Schritt, indem wir unser Pferd ausbilden und arbeiten können, der Schritt, der den Grundstein legt.
Häufig sehen wir junge Pferde und unerfahrene Reiter, die bereits im Schritt verschiedene Rhythmen auf gerader Linie und in Wendungen zeigen. Verzögert sich Schrittlänge und -fleiß in den Wendungen, “fällt” das Pferd aus der Schulter sobald es auf die gerade Linie kommt.
Aber woran liegt das? Wie bei so so Vielem in der Reiterei:
Zu viel Hand, zu wenig Bein!
Das Pferd ist nicht vor dem Bein. Nicht falsch verstehen, wir reden nicht von mehr “Drücken” oder deutlicherem Treiben. Wir reden von dem gefühlvollen Aktivieren der Pferde eigenen Reflexe. Das gesunde Zusammenspiel der inneren und äußeren, treibenden Hilfen wendet das Pferd, nicht die Zügelhilfe.
Das sinnvolle Treiben, welches das innere Hinterbein im Moment des Abfußens, wenn die zu beeinflussende Bewegung also unmittelbar beginnt, aktiviert und so einen gleichmäßigen Takt fördert. Taktfehler entstehen immer wieder durch falsch verstandenes Vorwärtsreiten, durch untaktmässiges Treiben, unterstützt durch zu starke, wenig gefühlvolle und schlicht falsche Zügelhilfen.
Oft kann man hier dann sogar einen weiteren Taktverlust durch unpassende Handeinwirkung im Moment des Geraderichten sehen.
Der Reiter will sein Pferd am äußeren Zügel, anstelle mit der wechselnden Einwirkung der treibenden Hilfen, aus der Wendung heraus reiten, so dass die gerade wieder freigegebene, innere Schulter erneut eine Einschränkung in ihrer Bewegungsfreiheit erleidet.
Hinzukommend ist auch ein fehlerhafter Sitz eine potente Quelle für Taktstörungen. Wir wirken mit unserem Sitz, unserer Position ununterbrochen aufs Pferd ein und beeinflussen direkt seinen Bewegungsablauf.
Wenn wir die Wirbelsäule stören, dann stören wir auch den Takt – wie viele weitere Elemente der Ausbildung. Mit unserem Sitz können wir unser Pferd blockieren oder aus dem Gleichgewicht bringen, wir können ihm aber auch mit minimalem Körpereinsatz den richtigen Weg zeigen und es unterstützen.
Ein mit positiver, ausbalancierter Körperspannung, im Pferd sitzende Reiter, bringt meistens automatisch eine gefühlvolle, unabhängige treibende- und auch Zügelhilfe mit, die dem Pferd das selbständige Ausbalancieren erleichtert und ihn in seiner Entwicklung unterstützt.
Trab & Galopp
Diese reiterlichen Grundanforderungen ändern sich natürlich im Zweitakts des Trab, mit seinem diagonal gleichzeitig abfußenden Beinpaar und im Dreitakt des Galopp, mit seiner Schwebephase nicht. Das Pferd benötigt beim Reiten von Wendungen, und beim Wechseln von der Geraden in die Wendung hinein, und aus der Wendung auf die Gerade heraus, die gleiche, reiterliche Unterstützung wie im Schritt.
Weiter sind Tempounterschiede eine gewisse Gefahrenquelle bei der Sicherstellung des geregelten Bewegungsablaufs, tragen aber bei korrekter Anwendung gleichermaßen zu der Verbesserung des gesicherten Takts bei. Das Gleichmaß der dem jeweiligen Pferd angepassten Frequenz, bei verlängerten oder verkürzten Tritten, in- oder aus der Wendung heraus, fordert erneut das Gefühl des Reiters um die Tritt-/ Sprunglänge und -aktivität sicher zu stellen.
Der geschmeidig, mit eigener Körperspannung, mitschwingende Reiter, der das abfußende Hinterbein zum richtigen Zeitpunkt gefühlvoll aktiviert, mitschwingt und die durch hieraus entstehende Bewegung mit weicher, konstanter Anlehnung aufrecht erhält wird immer einen sicheren Takt zeigen oder das junge Pferd zu eben diesem verhelfen. Sei es auf gebogenen Linien, bei Verstärkungen oder in Seitengängen.
Diese Wechsel von gerader auf gebogene Linie, Zulegen- Aufnehmen und Seitengänge sind geforderte aber auch tolle Übungen den Takt zu verbessern. Auch Stangenarbeit, das bergauf bergab Reiten im Gelände und die Unterstützung durch rhythmische Musik, meistens etwas eher Klassisches, helfen den Takt des Pferdes und das taktsichere Reiten zu fördern.
Wie immer gilt das Motto - So wenig wie möglich, So viel wie nötig .
Denn meistens sind es eher wir, die den eigentlich natürlichen, gesunden Takt des Pferdes durch unser Eingreifen aus der Balance bringen. Eine Balance die mit dem Ansteigen der Anforderungen ständig weiter gefördert, unterstützt und begleitet werden muss.
Welche Übungen nutzt ihr, um den Takt eures Pferdes zu sichern und welche Tricks verhelfen euch zu einem rhythmischen Sitz?